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Kolumne | Mein Leben ist ein Ponyhof - 2 | Die unsinnigste #reiterchallenge oder: Für Likes tu' ich alles

Der Jahreswechsel ist vollbracht und ganz offensichtlich war wohl einigen Influencern schrecklich langweilig zwischen den Jahren. Anders kann ich es mir nicht erklären, wie man auf solche Ideen wie der aktuellen „Reiter-Challenge“ kommt. Fakt ist: Nicht jeden Unsinn sollte man mitmachen. Und manch einer kann sogar richtig gefährlich werden. Aber der Reihe nach.

Quelle: instagram.com/jessica_von_bredow_werndl

 

Dass Challenges in Social Media Kanälen selten intelligent sind, haben ja schon solche unsinnigen Aktionen wie die „Bucket Challenge“ in der Vergangenheit bewiesen. Und auch in unserer Sparte habe ich bisher selten etwas gesehen, was wirklich irgendeinen Sinn oder Nutzen gehabt hätte. Noch verhältnismäßig harmlos ist es da, wenn sich jemand kopfüber in die Boxentür hängt und dann versucht, sein Pferd mit einer Möhre im Mund zu locken, damit es sich diese schnappt. Was genau das bezwecken soll, außer Aufmerksamkeit und Likes… nun ja. Mich würde man wahrscheinlich ziemlich dumm anschauen, würde man mich kopfüber an Xerons Boxentür hängend vorfinden.

 

Gar nicht witzig und sogar hochgradig fahrlässig finde ich aber eine andere aktuelle Challenge. Grob umschrieben geht es darum, mit hinterm Rücken verschränkten Armen aufs Pferd aufsteigen zu wollen. Da klettern Promis und Insta-Sternchen nun also mehr oder weniger elegant "ohne Hände" auf ihre Vierbeiner. Was genau das für einen Sinn haben soll, erschließt sich mir nicht. Von klein auf bekommen Reitschüler eingeprägt, dass man im Umgang mit dem Pferd stets Vorsicht walten lassen muss. Dass man immer auf Sicherheit bedacht sein soll. Und andererseits posten große Accounts dann so einen Mist in die Welt. Für was soll das gut sein, außer um noch mehr Aufmerksamkeit zu erhaschen, noch mehr Likes zu sammeln, von den kleinen Mädchen als „voll cool“ angehimmelt zu werden? Da könnte man natürlich sagen, „Ist doch egal, ist doch deren Sache.“ Nein, ist es eben nicht.

 

Man sollte sich gerade als großer Account mit einer gewissen Reichweite auch darüber bewusst sein, dass man gegenüber seinen Followern, und gerade den jüngeren davon, immer eine gewisse Vorbildfunktion hat. Ob man das will oder nicht. Viele schieben ja gern mal diese Verantwortung von sich. „Ich will ja gar kein Vorbild sein.“ Sorry, so einfach funktioniert das dann halt leider auch nicht. Wenn man im Rampenlicht steht, gibt es immer mindestens einen, der genauso sein will. Der einen nicht nur in optischer Hinsicht mit Reitklamotten nacheifert, sondern auch bei dem, was man so tut. Und in diesem Fall kann das ziemlich gefährlich werden.

 

Aufsteigen aufs Pferd ist oft auch so schon eine wacklige Angelegenheit und es gibt schon durchaus vernünftige Gründe, warum man sich normalerweise mit beiden Händen am Sattel festhält, wenn man das Pferd erklimmt. Wie schnell macht ein Pferd mal einen Tritt nach vorn, hinten oder zur Seite. Das muss gar nicht mal böse gemeint sein. Hat aber zur Folge, dass man schnell mal aus dem Gleichgewicht kommt und da ist es durchaus ratsam, sich gut festhalten zu können. Ohne Hände wird das tendenziell schwierig. So schnell kann man gar nicht schauen und die Hände wieder vor an den Sattel nehmen, ist es auch schon passiert. Wie schnell ist man dem Pferd in den Rücken geknallt. Wie schnell hat man die Balance verloren und landet auf dem Boden. Prallt vielleicht gegen die Bande, auf die Aufstieghilfe. Haut sich den Schädel an, bricht sich was. Oder bleibt im schlimmsten Fall im Bügel hängen, das Pferd erschrickt sich und man wird vielleicht noch ein paar Meter mitgeschleift. Selbst bei dem bravsten Pferd kann das passieren. Mal davon abgesehen, dass es dem Pferderücken auch nicht gut tut, wenn der Reiter minutenlang wie ein nasser Sack in der Seite hängt. Beim Aufsteigen gilt eigentlich: nicht lange rum machen, zack hoch und fertig!

 

Quelle: instagram.com/luisamerkentrup

 

Wenn man sich selbst dieser Gefahr unbedingt aussetzen möchte, ist das die eine Sache. Das Ganze in den Sozialen Medien zu verbreiten und somit andere zu dem gleichen Mist anstacheln aber was ganz anderes. Gerade Kinder und Jugendliche denken einfach nicht genug über Konsequenzen nach und machen Dinge ihrer „Idole“ einfach nach. Ich möchte nicht wissen, wie viele kleine Mädchen schon versucht haben, das mit dem Schulpony und der besten Freundin nachzustellen, um es dann auch auf Instagram oder TikTok posten zu können. „Guck mal, ich kann das auch!“ Das kann böse ausgehen und dann erkläre das mal der Reitschule und der Versicherung! Für solch einen Leichtsinn wird keine Versicherung die Kosten übernehmen, auch wenn dabei Helm getragen wird.

 

Muss man sich also unbedingt an solchen unsinnigen Aktionen beteiligen? Kann man vielleicht nicht einfach mal vorher darüber nachdenken, was man so in den Social Media Orbit rausbläst und welche Konsequenzen es vielleicht mit sich bringt? Nicht nur für sich, sondern auch für andere? Oder ist die Aussicht auf noch mehr Likes, noch mehr Reichweite, noch mehr Möchtegern-Fame doch verlockender? Man könnte bei gewissen Personen durchaus den Eindruck erlangen. Da wird nur von der Wand bis maximal zur Tapete gedacht. Normale Reiter und Pferdeleute mit einer gewissen Lebenserfahrung kämen gar nicht auf solch dumme Ideen. Ganz ehrlich könnte mir im Stall gar nicht so langweilig sein, als dass ich mir solch sinnbefreite Aktionen ausdenke und die dann auch noch in aller Öffentlichkeit teilen muss. Nur um meinen Followern etwas „beweisen“ zu müssen. Nur weil es andere machen, nur weil man von jemandem "nominiert" wurde, muss man es nicht mitmachen. Wer wirklich interessanten Content hat, wer eh schon durch sportliche Erfolge einen gewissen Bekanntheitsstatus hat, hat solche Challenges nicht nötig! Das ist reine Effekthascherei. Es passieren im Reitsport und im Stall schon genug Unfälle. Man muss es nicht auch noch herausfordern!

 

Challenges können lustig sein, keine Frage. Aber nicht alles muss und sollte man mitmachen und wenn man es schon tut, sollte man zumindest einen Warnhinweis beifügen. So viel Verantwortung sollte man dann schon auch an den Tag legen. Denn auch das gehört dazu, wenn man eine öffentliche Person in den Sozialen Medien sein will. Nur Likes abgreifen kann ja jeder. Wer unbedingt am Pferd rumturnen will, sollte vielleicht zum Voltigieren wechseln.

 

Was ist eure Meinung zu dieser Challenge? Schreibt es mir gern in die Kommentare, aber bitte wie immer: sachlich bleiben!

 

 

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