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So pflegst Du Deine Reitstiefel richtig – Meine Putzroutine

Ausritt oder Trainingseinheit beendet. Schnell raus aus den Stiefeln und ab in den Spind damit. Da stehen sie dann traurig rum und warten auf den nächsten Einsatz. Hand auf’s Herz: Wie oft läuft das genauso bei euch ab? Und wie oft nehmt ihr euch wirklich Zeit für’s Stiefelputzen? Ich zeige euch heute die wichtigsten Schritte für die optimale Pflege eurer Reitstiefel.


 

Reitstiefel aus Leder sind oft eine teure Investition. Stiefel „von der Stange“ fangen zwar schon bei um die 200 € an, Maßstiefel kosten aber gern schon mal an die 1.000 € pro Paar. Entsprechend ist uns daran gelegen, dass sie möglichst lange halten. Die Qualität des Leders und die Verarbeitung spielen natürlich eine wesentliche Rolle bei der Langlebigkeit. Dennoch ist der weitaus größere Faktor die richtige Pflege, denn ohne die geht auch das beste Qualitätsleder binnen kürzester Zeit kaputt. Und da kann man leider so einiges falsch machen!

 

Leder bedarf regelmäßiger Pflege. Es braucht Produkte, die es nähren, elastisch halten und der Austrockung vorbeugen. Ohne wird es mit der Zeit spröde, rissig und glanzlos. Ich nehme mir regelmäßig Zeit dafür. In einem früheren Blogbeitrag habe ich das Thema schonmal am Rande angerissen: Mindestens einmal pro Monat wird ausgiebig geputzt oder wenn die Stiefel eben schmutzig sind. Zwischendurch gehe ich auch mal schnell mit Lederpflegetüchern oder einfach einem feuchten Tuch drüber. Zumindest, wenn es nur Staub oder leichter Schmutz ist. Heutzutage gibt es ja eine schier riesige Auswahl an Lederpflegemitteln. Wobei aber nicht jedes davon für alle Zwecke geeignet ist. Generell bin ich bei den Kombiprodukten, bei denen man noch nicht einmal Wasser braucht, immer etwas skeptisch. Warum? Nun ja, stellt euch doch mal speckig und dreckig unter die Dusche, aber ohne Wasser, schmiert euch nur eine der aktuell so gehypten In-Dusch-Lotions drauf und verlasst genau so wieder die Dusche. Ohne abduschen, versteht sich. Ihr seid den Dreck nicht wirklich losgeworden, habt ihn nur verteilt und halt noch ein wenig Pflegezeugs obendrauf geschmiert. Super. Das mag zwar, ähnlich wie z.B. Trockenshampoo für die Haare, für den Notfall ganz nett sein, wenn man beispielsweise auf dem Turnier bemerkt, dass der Sattel noch total staubig ist. Dafür ist es auch eigentlich gedacht. Als Dauer-Lederpflege würde ich es nicht empfehlen. Fragt mal den Schustermeister eures Vertrauens, der wird das genauso sehen! Übrigens kommt mir auch kein Lederfett an die Stiefel! Never ever! Auch die namhaften Stiefelhersteller raten dringend davon ab! Denn das Stiefelleder hat eine andere Beschaffenheit als z.B. das vom Sattel oder Zaumzeug. Vergleicht allein schon die Lederdicke! Durch das Fetten wird das Leder z.B. nur unnötig weich. Bei Springstiefeln aus weichem Leder vielleicht noch verzeihlich. Die von Natur aus etwas härteren Dressurstiefel mögen sowas allerdings gar nicht. Lederfett kommt mir nur an Trense und Sattel. Und auf die Sitze meines Autos.

 

Aber wie geht es nun richtig? Hier erfahrt ihr es:

 

 

 

Meine Putzroutine für gepflegte und langlebige Reitstiefel

 

1. Gründliche Reinigung: Zunächst entfernt ihr mit einer Schuhputzbürste den groben Schmutz. Achtet drauf, dass ihr vorsichtig vorgeht, sonst können grober angetrockneter Schmutz, Reitsand oder kleine Steinchen das Leder verkratzen. Achtet bei den Schuhputzbürsten auch auf die richtige Bürste: Bürsten für Velours- oder Wildleder sind weicher als Bürsten für Glattleder. Anschließend wird der Stiefel mit einem feuchten Lappen und ggf. Lederseife gereinigt. Wichtig: das Leder darf nicht klatschnass, sondern wirklich nur feucht abgewischt werden. Schweiß, Mist usw. sollten möglichst sofort entfernt werden, da das Leder sonst angegriffen wird.

 

2. Trocknen lassen: Nach der Reinigung müssen die Stiefel nun erstmal wieder trocknen. Dafür am besten Schuh- und Schaftspanner nutzen oder auch einfach mit Zeitungspapier ausstopfen, damit sie in Form bleiben. Auch wenn das Trocknen seine Zeit dauert: Bitte nicht in die pralle Sonne oder an die Heizung stellen. Diese direkten Wärmequellen können dem Leder schaden!

 

3. Eincremen oder wachsen: Wenn die Reitstiefel gut getrocknet sind, werden sie mit Schuhcreme oder Stiefelpolitur eingecremt. Das hält das Leder glänzend und geschmeidig. Auch kleine Kratzer lassen sich damit behandeln. Bei braunen Stiefeln benutze ich transparente Schuhcreme. Das vermeidet Flecken oder Verfärbungen. Die Creme wird dünn (!) in kreisenden Bewegungen mit einem weichen Tuch aufgetragen. Mit einer kleinen Bürste kommt man auch gut in die letzten Winkel zwischen den Nähten oder am Rand zur Sohle. Ihr könnt dafür auch z.B. eine Zahnbürste nehmen. Beachtet auch die Pflegehinweise der jeweiligen Creme! Nun wieder trocknen lassen – das dauert ca. 15-20 Minuten pro Stiefel.

 

4. Polieren: Wenn die Schuhcreme eingezogen ist, poliere ich die Stiefel. Dazu verwende ich eine weiche Rosshaarbürste, mit der ich in kurzen Vor-und-zurück-Strichen über das Leder gehe. Letzte Reste von Schuhcreme kann man mit einem weichen Tuch abnehmen. Vergesst auch nicht die Reißverschlüsse regelmäßig zu pflegen. Sonst wird er mit der Zeit schwergängig und geht kaputt. Bei Kunststoffreißverschlüssen nimmt man Silikonspray, bei Metallreißverschlüssen verwendet man Wachs (z.B. eine Kerze) oder Graphit (hier kann man ganz einfach einen Bleistift verwenden).

 

5. Regelmäßiges Imprägnieren: Gerade jetzt in der kalten Jahreszeit setzen Feuchtigkeit und Nässe dem Leder zu. Daher solltet ihr das Leder zusätzlich regelmäßig imprägnieren. Und zwar nicht nur vor dem ersten Tragen und nach dem Putzen, sondern auch wenn sie lange ungetragen im Spind rumstanden. Wenn ihr Stiefel mit Ledersohle habt, solltet ihr auch diese entsprechend regelmäßig mit Imprägnierung behandeln.

 

6. Richtiges Lagern: Da ich mehrere Stiefelpaare besitze, sind die natürlich abwechselnd im Einsatz. Das jeweils ungenutzte Paar wird trotzdem nicht einfach so in den Schrank gestellt. Denn all die Pflege bringt nichts, wenn man die Stiefel nicht richtig lagert. Auf jeden Fall sollte man sie nicht in der Sonne, am Ofen im Reiterstübchen oder neben der Heizung stehen lassen. Allzu feucht sollten sie auch nicht stehen, da das Leder sonst zu schimmeln anfängt. Ihre Form behalten die Stiefel mit Schuh- und Schaftspannern. Dadurch verhindert ihr auch, dass sich die Schäfte allzu stark setzen. Verstaut die Stiefel sicher und aufrecht stehend im Schuhschrank oder –regal oder benutzt eine Stiefeltasche, um sie vor Staub und Schmutz zu schützen. Vorher aber auch hier erst die Stiefel trocknen lassen wenn sie nass z.B. durch Regen sind, sonst droht wieder Schimmelgefahr.

  

 

 

Dank dieser 6 einfachen Schritte haben alle meine Stiefel bislang viele Jahre gehalten und sahen trotzdem (bis auf die normalen Abnutzungsspuren) noch gut aus. Es ist zwar ein wenig Aufwand, der sich aber ohne Frage auszahlt!

 

Hier noch ein paar einfache Hacks für noch mehr Pflege und Glanz:

 

  • Mit der Feuermethode zieht die Politur noch besser ins Leder ein, was eine Extraportion Pflege bringt. Dabei wird die Politur ein paar Sekunden lang mit dem Feuerzeug in der Dose erhitzt, bis sie schmilzt. Die flüssige Politur wird wie in Step 3 beschrieben in das Leder eingearbeitet und anschließend poliert. Bitte aber nur bei dafür geeignete Polituren aus der Dose anwenden. Schuhcreme aus der Tube ist dafür nicht gedacht! Bitte auch vorsichtig mit dem Feuerzeug sein!
  • Ein handelsüblicher Nylonstrumpf über die Rosshaarbürste gezogen sorgt bei der Stiefelpolitur für eine Extraportion Glanz!
  • Ihr könnt auch die Wasserpolitur ausprobieren, die bei Schustern und Schuhputzern sehr beliebt und bekannt ist und einen schönen Glanz gibt: Dazu sprüht man nach dem Auftragen der ersten Politurschicht ein wenig Wasser mit der Sprühflasche auf den Stiefel und arbeitet es mit einem Tuch dann ein. Danach tunkt man das Tuch in warmes Wasser und trägt damit die zweite Politurschicht auf. Das wiederholt man so lange, bis man den gewünschten Glanz erzielt hat. Jede Politurschicht muss man aber gut trocknen lassen, bevor man die nächste aufträgt.
  • Gegen das unangenehme Quietschen der frisch gereinigten Stiefel beim Reiten hilft übrigens Talkum oder notfalls auch Babypuder Wunder!

 

... UND SO BITTE NICHT!

 

Wie oft habe ich schon in Foren die wildesten „Tipps“ zum Thema Stiefelpflege gelesen. Bei manchen standen mir echt die Haare zu Berge. Zwei davon will ich euch der Vollständigkeit halber nicht vorenthalten – aber bitte nicht nachmachen! Am besten lesen, drüber lachen und dann bitte ganz schnell wieder vergessen!

 

Auf die Frage einer Forumsnutzerin, wie sie denn ihre Reitstiefel so schön glänzend wie die Turnierstiefel der großen Stars bekäme, las ich zum Beispiel den „Tipp“, die Stiefel doch mit Babyöl oder Butter (!) einzureiben. Wohlgemerkt, die Stiefel der namhaften Dressursportler haben meist ein Lackfinish. Diese Art Glanz bekommt man bei normalen Stiefelleder nicht hin. Egal mit was! (Leder-)Fett oder Öl ist bei Stiefeln allenthalben gut, wenn man Leder bewusst weich machen will. Zum Beispiel wenn man trotz Eintragen noch Druck- oder Scheuerstellen am Fuß hat. Da hilft Lederfett oder Lederöl innen auf die betroffene Stelle aufgetragen, dass das Leder hier etwas weicher wird und sich dehnt. Ansonsten bitte Finger weg davon!

 

Auch ein gern gelesener und doch so grottenfalscher „Tipp“ auf die Frage, wie man das Leder gut nähren könnte, war: Bodylotion. Mit der Begründung, Leder wäre ja quasi Haut und Haut bleibt schön elastisch, wenn sie Feuchtigkeit durch Bodylotion bekommt. Ergo müsse das ja beim Leder auch helfen. Um Gottes Willen! Wer kommt auf sowas? Leder, das richtigerweise aus Tierhäuten gefertigt wird, ist totes Gewebe, das zudem auch noch chemisch behandelt ist. So und nun schmiere mal bitte auf totes, chemisch behandeltes Gewebe Bodylotion, damit es mehr Feuchtigkeit bekommt. Etwas arg unsinnig, oder? Die in der Bodylotion enthaltenen Stoffe können unter Umständen sogar das Leder angreifen und schädigen. Statt gepflegt und glänzend wird es stumpf und spröde. Und wenn das Leder einmal so verdorben ist, bekommt das auch der beste Schuster nicht mehr hin. Also bitte nicht nachmachen, sonst habt ihr nicht lange Freude an euren Reitstiefeln!

 

Wie sieht eure Stiefelpflegeroutine aus? Welche Produkte nutzt ihr und wie oft putzt ihr eure Stiefel?

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Kommentare: 2
  • #1

    Christina (Dienstag, 12 März 2019 15:21)

    Deine "Bitte-nicht"-Beispiele sind ja echt witzig! Wer kommt denn bitte auf solche Ideen? Mir hat damals die Verkäuferin im Laden ausführlich erklärt, was ich beim Stiefelputzen beachten muss. Viele Hersteller legen auch einen Zettel mit Pflegehinweisen in die Verpackung. Ist wohl schon zu oft vorgekommen, dass Leute ihre Stiefel falsch pflegen und dann den Herstellern Mängel in der Qualität vorwerfen wollen.

  • #2

    Sarah (Samstag, 07 November 2020 16:55)

    Wie trockne ich denn am besten die Schweißstellen, die sich innen bilden?